31.01.2025

Die Ostseestraße ist über Nacht blau geworden. Zwischen Baumwipfeln leuchten Plakate mit Alice. Sie hängen am oberen Ende der Laternenpfähle. Bis zu drei blaue pro Mast. Sie hängen so hoch, dass niemand ohne Riesenleiter rankommen würde. Warum dürfen die das? Die Präsenz ist erschreckend. Gibt es keine Grenzen? Das wurde doch genehmigt. Von der Stadt. Die Werbung der anderen Parteien geht sprachlos unter. Ich sehe nur noch blau, blau, blau. Das Blau von Aral, Aldi, den Parkplatzschildern und das Blau der Hermes-Werbung vermischen sich, werden eingesogen vom Alternativen Blau. Ich spüre Wut. Alice lächelt. Zeit für Frieden, steht unter ihrem Gesicht. Deinen Frieden will ich nicht!, sage ich laut. Ich mache Fotos und schiebe ihr Äste und Blätter vor den Mund. Ich, die sich immer für Frauen einsetzt, für deren Sichtbarkeit und Kraft, vertreibe gerade eine visuell. Das haben die clever gemacht, denke ich. Ich schaue Alice durch die Kamera an. Außer ihr mit Ästen ein Bärtchen zu malen, gelingt mir nichts. Doch das ist mir zu plump. Und dann habe ich keine Lust mehr. Im Display blinkt das Akkusymbol dringlich rot. Auch meine Kamera geht in Streik, weigert sich die blaue Alice zigmal abzuspeichern. Ich gehe nach Hause. An meiner Wohnungstür klebt ein Zettel: Listen to the birds, not the news. Ja, denke ich, aber die Baumwipfel, in denen die Vögel singen, sind seit heute blau.